Archiv der Kategorie: Poems

Die Magie des Träumens

traumsammlerinDie Wollsammler sind magische Wesen. Sie leben auf Wiesen und sammeln die Träume und Gedanken, die Menschen verloren gehen.

Bei Kiepenheuer und Witsch ist ein großartiges, poetisches, bibliophiles Büchlein von Patti Smith erschienen: „Traumsammlerin„.

In diesem Buch schreibt Patti Smith über das Träumen. Sie schreibt über ihre Kindheit, über das Zeichnen und Dichten. Und über die Magie des Sich-verlierens an den Moment oder an Gedanken. Glück aber auch Schmerz, Verlust und Traurigkeit beschreibt sie erhellend und unsentimental. Ergänzt werden die Texte durch Fotos aus dem Besitz der Autorin.

Es gelingt Patti Smith das magische Denken, die Kinderspiele greifbar zu machen als einen vergessenen Schatz. Mit Ernst betrachten die Kinder die Welt, doch dieser Ernst ist lebendig und freudig: „Wie glücklich wir doch als Kinder sind. Wie die Stimme der Vernunft dieses Licht verdunkelt“ (S.103). Die poetische Beschreibung dieser kindlichen Sicht auf die Welt gelingt Patti Smith so herausragend gut, dass die eigene Erinnerung sich wieder rührt.

Patti Smith beschreibt die Entstehung von Zeichnungen und Texten aus dem Abschreiben, hineinversetzen, davonschweben in Gedanken: „Ich gestehe allerdings, das mich das Unterfangen müde machte, und ich zu einem Ort driftete, der präsenter war als ich, die dasaß und pflichtbewusst nähte, während meine Finger den Faden verloren und sich zu meinen Gedanken gesellten – anderswohin“ (S.52).

Die Träume und Gedanken die den Menschen verloren gehen sind wertvoll. Das  Kind träumt mit Leichtigkeit. Doch auch für Erwachsene ist diese Leichtigkeit zugänglich. Patti Smith erlebt mit Ihren Kindern, dass sie noch fliegen kann und lässt sich „übers Gras schweben (…), auch wenn es allen schien, dass ich noch unter ihnen war, umhüllt von menschlichen Pflichten, mit beiden Füßen auf dem Boden“ (S.105).Eine fünfpfotige Leseempfehlung für alle TräumerInnen!!!

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About reading poetry

You might think, poems were something like a hard maths problem. Secret lingual digits forming a hidden pattern which is not even logic. How should anyone solve it? Or something like a dull mistery. A crime you wouldn’t want to solve, the murder of some lice…

poemsread

But that is not what poems are about, though teachers often hint it were so.

Poems are able to cram a whole world into a few phrases or even words.

Truths which can’t be fitted into big dusty volumes jump at you. Thoughts are pressed behind your eyes. Feelings overwhelm you.

Stepping into a different head or time or world through some intent lines you realize as much about yourself as of others.

But all this you might miss – so to avoid such sad a fate:

Dare reading poems!

Just grab a book of fine poetry and flick through it until a word, a capture or a phrase interests you.

Then read on!

Some authors that might interest you: Mascha Kaléko, Gioconda Belli, Emily Dickinson, Nelly Sachs, Erich Fried, Thomas Tranströmer, Christian Morgenstern, Robert Frost.

 

 

 

Thomas Tranströmer – In meinem Schatten werde ich getragen

tranströmer-gedicht1Der Junge trinkt Milch
und schläft geborgen in seiner Zelle,
eine Mutter aus Stein.                                                                       (Aus den Gedichten Gefängnis S.256)

Thomas Tranströmer ist ein großartiger Erzähler.  Seine Gedichte haben eine klare, oftmals lakonische Sprache. Sie bringen dem Leser Situationen lebendig vor Augen, und lassen ihn zugleich aus dieser Situation hinaustreten. In wenigen Worten entrollt sich eine Biographie, ein existentielles Erlebnis,  wird ein Herbststurm lebendig oder die Wut über eine diktatorische Macht. Und zugleich geht der Blick über diese Situation hinaus, sieht ihre Widersprüche und ihre Veränderlichkeit. 

Der Häftling ruht in seine Zelle zurückgezogen, er sucht und findet ein Stück Privat- und Geborgenheit. Doch die Zelle ist eine Mutter aus Stein. Die versorgende Hand ist diejenige die ihn umfängt, gefangen hält.

Segelboote werden als Allegorie der Hoffnung hinterfragt, das Ungesagte schwillt an wie ein Luftschiff, Worte rütteln unter der Lampe des Zensors an Ihren Gitterstäben und warten darauf, dass die Zeit der Spionage vorübergeht, dass die versteckten Mikrophone versteinern und vergessen werden können.

Der kranke Junge ist  stumm und in sich gekehrt. Hinter ihm schreit ein Gemälde den Ruf der Welt an ihn hinaus, auch wenn er ihn noch nicht hört und noch nicht antworten kann.

nacheinemanfallUnmerklich hat das Gemälde sich langsam geweitet und öffnet sich hinter / dem Kranken / und Versunkenen. Es sprüht und hämmert. (Aus dem Gedicht Nach einem Anfall, S.49)

In dem im Fischer Verlag erschienenen Band „In meinem Schatten werde ich getragen“ sind alle bisher veröffentlichten Gedichte Thomas Tranströmers versammelt. Außerdem enthält er seine autobiographischen Aufzeichnungen und ein hervorragendes Nachwort.

Ich empfehle diesen umfassenden Band zum Literaturnobelpreisträger 2011, Thomas Tranströmer mit fünf Pfoten. Hier wird ein vielfältiges Werk von enormer Aussagekraft erschlossen!

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Die Aufgabe zu Leben – Gedichte von Gioconda Belli

die-aufgabe-leben_img089_1204x1701Illustration zu dem Gedicht „Die Aufgabe zu leben“  „Oficio de vivir“

Die Gedichte von Gioconda Belli sind ein Schatz. Sie bewegen sich zwischen Sachlichkeit und überbordender Phantasie. Sie bringen Erkenntnis, Lachen und Nachdenklichkeit.

Im Peter Hammer Verlag ist nun die Gedichtsammlung „Davor, die Jugend“ in einer schönen zweisprachigen Ausgabe erschienen.

Gioconda Belli befasst sich mit Jugend und Alter, den ausfliegenden Kindern, mit Liebe Schmerz, Landschaft, Zeit und Gesellschaft. Immer wieder erfrischen Ihre Gedichte durch die Verbindung eines kritischen Blicks mit Heiterkeit und unsentimentaler Wärme. Etwa wenn Sie in ihrem Gedicht „Die Eheleute“  die Ehe als einen Kriegsschauplatz beschreibt, in dem die Liebe mal die Waffe, mal das Ziel zwischen all den Alltäglichkeiten ist. Letztlich versteht die Liebe es, sich „aus lädierten Steinen“(S.13) eine Burg zu erbauen und sie zu verteidigen. In dem Gedicht „Die Aufgabe zu Leben“ beschreibt Gioconda Belli die schöne und schwierige Aufgabe zu sein, zwischen Aufgaben des Alltags, den Gedanken an nicht oder noch nicht gelebtes und erlittenen Verwundungen.

Gioconda Belli schreibt auch über aktuelle politischen Verwerfungen und stellt gesellschaftliche Trends in Frage. In dem Gedicht „Invalide Fröhlichkeit“ beschreibt sie die Behinderung der Fröhlichkeit durch „Die Verpflichtung zum Glück“ (S.55), die daran hindert den Augenblick zu genießen. Das Gedicht „Der Selbstmörder“ imaginiert eine Blick in die Gedanken eines Attentäters, der versucht sein Leben und den Augenblick auszublenden um den Sprung ins Jenseits zu wagen.

In „Pflanzenzeit“ beschreibt Gioconda Belli ihre schöpferische Kraft, die genährt wird und sich nährt, die sich verflicht, blüht und Früchte trägt.

Einige der schönsten Blüten die dabei entstehen sind die Gedichte von Gioconda Belli. Traut euch, es lohnt sich wirklich!

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Illustration zu dem Gedicht „Pflanzenzeit“  „Tiempo vegetal“

Ich empfehle den Band „Davor die Jugend“  mit fünf Sternen und fünf Pfoten. Außerdem empfehle ich auch Gioconda Bellis wunderschönes Kinderbuch „Die Werkstatt der Schmetterlinge“.

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Unbegangene Pfade

Something there is that doesn’t love a wall,/ That wants it down.“ I could say ‚Elves‘ to him,/ But it’s not elves exactly, and I’d rather/ He said it for himself. I see him there (Aus dem Gedicht „Mending Wall“)
Die Gedichte von Robert Frost sind mal kurz und erhellend wie Aphorismen, mal lang, pointiert und entlarvend wie Kurzgeschichten.
Berühmt ist etwa das knappe Gedicht Fire and Ice, in dem in neun knappen Versen Humor, scharfsichtige Analyse des Menschen und eine Anklingende Warnung zusammenkommen.
Mich beeindruckt immer wieder die Mischung aus heiterer Phantasie, Träumerei, Nüchternheit und scharfer Analyse. Das alles gefasst in eine schwungvolle Sprache mit vollendeten Reimen.
Die im C.H.Beck Verlag erschienene Ausgabe „Promises to keep – Gedichte/Poems“ versammelt eine große Auswahl von Gedichten aus allen Lebensphasen des bedeutenden amerikanischen Dichters. Es ist ein schön gestaltetes Taschenbuch mit den Originaltexten und sehr gelungenen – gereimten! – Übersetzungen der Gedichte ins deutsche. So werden die Gedichte auch Lesern erschlossen, die weniger gut Englisch sprechen. Aber auch für manchen der im Englischen zuhause ist,  ist die Übersetzung eine willkommene Verständnishilfe, etwa bei umgangssprachlichen Formulierungen die heute nicht mehr geläufig sind.
Zwei Neuentdeckte Lieblinge von Robert Frost waren für mich „Mending Wall – Mauern Ausbessern“ und „The Telephone“, diese beiden habe ich illustriert.
Someone said ‚Come‘ – I heard it as I bowed.“// „I may have thought as much, but not aloud.“// „Well, so I came.“(Aus dem Gedicht „The Telephone“

Eine fünfpfotige Leseempfehlung für diesen tollen Band!!!