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Ein tolles Buch über ein beeindruckendes Unternehmen: @mannomama

Auf der Frankfurter Buchmesse kam ich zufällig bei einem Interview mit Sina Trinkwalder vorbei. Sofort interessierte mich das, was diese Unternehmerin machte, auch wenn ich noch nicht genau wusste was das war.  Sie sprach von Themen, die auch mich immer wieder beschäftigen.

Hier sagte eine Unternehmerin Sätze, wie man sie sonst nur von Menschen hört, die in Philosophie-Seminaren sitzen und noch nicht den Denkverboten aller rationalen Realos anheim gefallen sind. Mit anderen Worten von Menschen, die im allgemeinen als naiv bezeichnet werden, und denen jeder Experte sofort detailliert erklären kann, warum alle ihre Vorstellungen und Ideen Wunschvorstellungen und Luftschlösser seien, die nun mal leider in der Realität nicht umzusetzen sind.

Eine Unternehmerin sprach also von regionaler Produktion in Deutschland, einer Produktion, in der in unbefristeten Arbeitsverträgen gerechte Löhne gezahlt  und qualitative Produkte zu angemessenen Preisen hergestellt würden.

Das alles sollte plötzlich möglich sein. Und das am Wirtschaftsstandort Deutschland, dem Land der Teilzeit, der unbezahlten Praktika (bitte nur Bewerber die bereits Berufserfahrung haben) und der Freelancer.

Dieses Buch zu lesen ist ein Glück! Es erzählt von einem wirklich tollen Unternehmen, das hoffentlich Vorbild für viele andere Unternehmer ist. Dieses  Unternehmen macht Mut. Hier wird etwas hergestellt. Auf Augenhöhe – mit den Mitarbeitern, mit Lieferanten, mit Kunden und unserer Umwelt.

Das Buch ist unterhaltsam und spannend. Außerdem erfährt der Leser viel wichtiges über echte Bioproduktion und die Tücken von Siegeln und Nachhaltigkeitsversprechen.

Am Anfang standen Ideen. Die Idee eines Berufslebens, das Sinn macht, einer Arbeit die etwas verbessert. Die Idee eines Unternehmens, dass Menschen die Chance gibt sich einzubringen, die trotz ihrer wertvollen Talente durch das Raster unserer Gesellschaft fallen und ausgeschlossen werden.

Und Sina Trinkwalder hat zusammen mit ihrem Mann und ihren Mitarbeitern diese Ideen tatkräftig und mit beeindruckendem Willen und Engagement umgesetzt. Gegen alle Widerstände von Politikern, Banken und „Grünstreichern“.

Bei mannomama werden hochwertige Kleidungsstücke hergestellt und die bekannten Taschen von DM, die wohl schönsten Bio-Einkaufstaschen, die noch dazu aus wunderschönen Stoffen und  – wie ich nun weiß – mit viel handwerklichem Engagement gerfertigt werden.

Ich empfehle das Buch und den Einkauf bei dem tollen Unternehmen mannomama mit fünf Pfoten!

5 pfoten copy

Weil es gesagt werden sollte

Bei zwei Autorinnen, die ich auf der Buchmesse am Freitag sah, spielen Erfahrungen von Entrechtung und Gewalt und die Notwendigkeit darüber zu sprechen eine wichtige Rolle.

Eine dieser Autorinnen ist Swetlana Alexijewitsch, die Friedenspreisträgerin des deutschen Buchhandels. Die weissrussische Autorin hat literarisch die Aussagen von Menschen in der ehemaligen Sowjetunion dokumentiert. In ihren Büchern entlarvt sie durch detaillierte Zeugnisse Platitüden und Phrasen über den Krieg und auch über die Katastrophe von Tschernobyl. Sie schreibt Geschichte jenseits des offiziell erwünschten. In ihrem Buch „Der Krieg hat kein weibliches Gesicht“ hielt sie die Kriegserinnerungen von Frauen fest und damit eine Geschichte, die sonst durch Tabuisierung und Verschweigen ausgelöscht worden wäre. Zusätzlich hat sie mit diesem Buch viel für das Festhalten einer weiblichen Geschichte getan. „Ich hoffe, dass es volle Gleichberechtigung geben wird“, sagt die Autorin.
In Russland dürfen ihre Bücher momentan erscheinen, in Weissrussland sind sie jedoch verboten. In ihrem neusten Buch „Secondhand-Zeit: Leben auf den Trümmern des Sozialismus“ beschreibt Swetlana Alexijewitsch die prekäre Situation vieler Menschen zwischen russischem Kapitalismus und neuen autoritären Staatslenkern. Im Pressegespräch auf der Frankfurter Buchmesse sagt die Autorin, dass die Situation in der Ehemaligen Sowjetunion heute eine andere wäre, wenn die Menschen weniger idealistisch wären. Es gibt viel Armut vor allem auf dem Land. Zusätzlich leben die Menschen in Angst vor willkürlichen Verhaftungen. Swetlana Alexijewitsch berichtet etwa von einem „Paar, das ausreisen muss, weil es aufgrund eines neuen Gesetzes Gefahr läuft, seiner Kinder beraubt zu werden“. Es scheint unter diesen Umständen von außerhalb paradox, dass viele Lukaschenko und Putin unterstützen, „wenn man drinnen ist, entsteht die Frage nicht, dann ist alles ganz klar“. „Man schaut auf die Ukraine und auf Russland und ist da und dort erschrocken“ und viele fühlen sich mit den bekannten Grausamkeiten der Diktatur sicherer als mit den fremden Grausamkeiten des Kapitalismus. „Die Diktatur ist ein Monster, ein Wesen, das man keinem erklären kann“, es sei denn, man ist ein Ohrenmensch wie Swetlana Alexijewitsch und sammelt die Stimmen von der Straße ein.

Die andere Autorin ist Carolin Emcke, ihr Buch „Weil es sagbar ist – Über Zeugenschaft und Gerechtigkeit“ ist im Fischerverlag erschienen. Sie hinterfragt die Phrasen des Unsagbaren und betont, dass es wichtig ist, von Erlebnissen der Gewalt zu berichten – sowohl für die Betroffenen als auch für die Gesellschaft. Wenn Betroffene nicht sprechen können, liegt es wahrscheinlich öfter daran, dass ihnen niemand die Zeit und den Raum für ihre Berichte geben will als an ihrer Sprachlosigkeit. Mit der Rede vom Unsagbaren werden Gewaltverbrechen und ihre Folgen einfach abgeschoben. Aber damit nicht vergessen wird und sich etwas ändern kann, muss davon erzählt werden.
Sogar im Bezug auf die Shoah habe ich viele Erfahrungen gemacht, die diese Thesen bestätigen. Schüler werden einerseits vor der Komplexität und den Abgründen der Ereignisse „verschont“ und andererseits mit Moralpredigten und Platitüden gequält.
Ich freue mich schon sehr auf die Lektüre der Bücher!
Eine Leseempfehlung bekommen sie von mir schon jetzt!

Auf der Buchmesse in Frankfurt – wie ich den Grüffelo traf und tolle Bücher entdeckte

Die Buchmesse begann für mich mit einem Wake-up-Slam. Stefan Dörsing und Philipp Herold trugen Texte zu Orientierungslosigkeit, (A)normalität vor. Besonders unterhaltsam und treffend war die lyrische Analyse zum Zusammenhang zwischen Unordnung und Kreativität. 

Danach wartete ein kleines Frühstück mit Networking Beilage „Wir sind hier“ in der Agora. So früh am Mittwoch morgen war es allerdings sehr leer. Und da das warme Wetter sich auch so langsam verabschiedete besuchte ich das ARD Forum. Best of Druckfrisch mit Denis Scheck war wiedereinmal sehr unterhaltsam…
Ich konnte viele tolle Verlage besuchen und Neuerscheinungen entdecken und machte auch einen ersten Besuch im schönen Pavillion des Ehrengastes Brasilien. Eine wunderschöne, helle Atmosphäre und zwei erstklassige Leseorte wurden hier geschaffen. Zum einen eine Höroase, in der entspannt in der Hängematte brasilianischer Literatur gelauscht werden konnte, deren Übersetzung auf den Bildschirmbäumen mitzulesen war. Zum anderen eine wunderbare, einladende Installation aus schönen Lesematratzen: perfekt gestaltet für die typische Lesehaltung. Für mich der schönste Ruhe-Ort der Messe.
 Aufregend wurde es am Stand des Beltz und Gelberg Verlags, denn hier traf ich den Grüffelo!!!
Bei der Open Books Lesung von Terézia Mora „Das Ungeheuer“ im Frankfurter Kunstverein begeisterte mich allerdings vor allem das Konzept der kostenlosen Lesungen in schönen Räumen in Frankfurt. Der Roman selbst sprach mich nicht an.
Die Buchmesse ist in diesem Jahr rund und gelungen! Die vielen Lesungen und Gespräche auf der Messe und um sie herum, die spannenden Verlage und Neuerscheinungen sowie ein wunderschöner Pavillion des Gastlandes Brasilien.

 Noch bleiben zwei Tage um die Buchmesse zu besuchen, ich kann den Besuch sehr empfehlen!