Archiv für den Monat: Oktober 2011

Ein Abgrund, in dem die Gesellschaft umkommen kann

In seinem 1942 veröffentlichten Roman Der Fremde beschreibt Albert Camus aus der Ich-Perspektive seiner Hauptfigur Mersault wie dieser gegenüber der bürgerlichen Gesellschaft in Widersprüche gerät, die letztlich dazu führen, daß er zum Tode verurteilt wird. Im Vorwort zur amerikanischen Ausgabe schrieb Camus bezüglich der Aussage des Fremden: „In unserer Gesellschaft setzt sich jeder Mensch, der bei der Beerdigung seiner Mutter nicht weint, der Gefahr aus, zum Tode verurteilt zu werden“. Mersault, ein lediger Büroangestellter bekommt eines Tages ein Telegramm aus dem Altenheim, welches ihn über den Tod seiner Mutter informiert. Er nimmt sich zwei Tage Urlaub um zur Totenwache und anschließenden Beerdigung zu fahren. Es ist heiß, er ist übermüdet und er verhält sich nicht den Konventionen entsprechend, womit er ständig Anstoß erregt, (er weint nicht, möchte die Tote nicht noch einmal sehen, raucht bei der Totenwache, weiß nicht wie alt sie war). Mersault möchte mit den anderen im Einklang sein, ihre Sympathie gewinnen, aber er beherrscht die dazu notwendigen Gesten und Rituale nicht und wird außerdem stark durch seine körperlichen Bedürfnisse beansprucht. Am Tag nach der Beerdigung geht er schwimmen und beginnt ein Verhältnis mit einer jungen Frau, Marie Cardona. Sie ist kurzzeitig verstört, als sie erfährt, daß er am vorangegangenen Tag seine Mutter beerdigt hat, und Mersault stellt fest, daß man „sowieso immer ein bißchen schuldig“ ist. Er hat den Eindruck, daß sich durch den Tod seiner Mutter „nichts geändert hätte“ und setzt sein Leben den üblichen Gewohnheiten gemäß fort. Nach einem gewöhnlichen Arbeitstag trifft Mersault seinen Flurnachbarn Raymond Sintes, einen hitzigen jungen Mann, der im Viertel als Zuhälter verrufen ist. Dieser lädt ihn zum Essen ein und bittet ihn, einen Brief an seine ehemalige Geliebte aufzusetzen, um sie zu ihm zu locken. Er möchte sich an ihr rächen, weil sie ihn betrogen habe, er sie aber immer noch begehrt. Mersault erlebt Raymond als ihm gegenüber freundlich und sieht keinen Grund die Bitte abzuschlagen. Über das Vorhaben des anderen urteilt er rein formal: er kann den Wunsch nach Rache nachvollziehen und hält die Methode für erfolgsversprechend. Raymond sieht ihn daraufhin als seinen Freund. Schon am nächsten Tag gelingt das Rachevorhaben: Raymond verprügelt die Frau. Bald darauf lädt Raymond Mersault und Marie zu einem Tag im Strandhaus seines Freundes ein. Zunächst verläuft dieser Tag sehr positiv. Mersault genießt die Sonne und das Schwimmen mit Marie bei dem er große Nähe zu ihr empfindet. Am Nachmittag treffen er und die beiden anderen Männer jedoch bei einem Strandspaziergang auf eine Gruppe von Arabern, die das von Raymond verprügelte Mädchen rächen wollen. Einer von ihnen verletzt Raymond mit einem Messer, worauf beide Seiten sich zurückziehen. Um zu verhindern, daß Raymond auf die Araber schießt, nimmt Mersault seinen Revolver an sich. Da ihm die Atmosphäre im Strandhaus jedoch unerträglich erscheint, bleibt er alleine am Strand und kehrt im Taumel der unerträglichen Hitze zum Ort der Auseinandersetzung zurück. Nur einer der Araber ist noch da, der, als er Mersault sieht, ihm zur Warnung sein Messer zeigt. Mersault fühlt jedoch „nur noch die Beckenschläge der Sonne auf [seiner] … Stirn“, sieht undeutlich das bedrohliche Messer und umklammert den Revolver, worauf der Abzug nachgibt und ein tödlicher Schuß fällt. Er feuert noch vier weitere Schüsse auf den Toten ab. Mersault wird verhaftet, und ein Untersuchungsverfahren wird eingeleitet. Das Mersault bei der Beerdigung seiner Mutter “ Gefühllosigkeit an den Tag gelegt hätte“ stellt sich schon zu Beginn als das entscheidende Kriterium zur Bewertung seines Falles heraus. Der Pflichtverteidiger möchte ihn daher zur Unehrlichkeit überreden, doch Mersault spielt das Spiel nicht mit: er weigert sich zu lügen. „er weigert sich, seine Gefühle zu verhehlen, und sogleich fühlt die Gesellschaft sich bedroht.“ Der Untersuchungsrichter, ein überzeugter Christ, möchte Mersault zur Reue bewegen, damit Gott ihm vergeben kann, doch Mersault glaubt nicht an Gott und empfindet „eher als wirkliche Reue einen gewissen Verdruß“. In der Hauptverhandlung hat Mersault den Eindruck, daß alle sich unterhalten „wie in einem Club“ und er der einzig überflüssige, ein Eindringling ist. Er spürt, wie stark er von den anderen verabscheut wird und versteht in diesem Moment, daß er in ihren Augen schuldig ist. In seiner Abschlußrede fordert der Staatsanwalt Mersaults Tod, da „die Leere des Herzens, wie sie bei diesem Mann zu beobachten ist, ein Abgrund wird, in dem die Gesellschaft umkommen kann.“ 
Mersault lebt von Anfang an nach Camus Moral der Quantität, ohne daß eine Krise des Überdrusses oder ein Erwachen des absurden Bewußtseins thematisch würde. Für ihn zählt einzig das Gegenwärtige, welches er ohne Hoffnung oder Bedauern auslebt. Er scheitert in einer Gesellschaft, die ihn kraft ihrer heuchlerischen christlichen Moral verurteilt. Ausschlaggebend ist dabei nicht der Mord an einem Araber, sondern das unangepaßte, dem gesellschaftlichen Konsens widersprechende Selbstverständnis von Mersault. Die Gesellschaft sieht sich durch die Demontage ihres moralischen Horizontes gefährdet und fordert seinen Tod. Camus schreibt dazu in seinen Tagebüchern: „Sie haben deshalb beschlossen, Tugend zu nennen, was der Einrichtung der von ihnen gewünschten Gesellschaftsordnung dient. … [Meine Abrechnung] mit dieser Auffassung … bildet das Thema des Fremden.“ 

Die Verschränkung der Sprache und Erfahrung

Die Wörter von Jean Paul Sartre
In diesem Buch beschreibt Sartre seine Lebensgeschichte als lesende und später schreibende Aneignung der Welt durch die Wörter. Sartres Vater stirbt kurz nach seiner Geburt. Seine Mutter muß daraufhin wieder bei ihren Eltern einziehen, und wird behandelt, als sei sie noch ein minderjähriges Mädchen: „Jean-Baptistes Tod wurde das große Ereignis meines Lebens: er legte meine Mutter von neuem in Ketten, und gab mir die Freiheit.“ Sartres Großvater vergöttert das Kind und Sartre wird zum Familienmittelpunkt, der keine Pflichten kennt und auch keine Rechte, die er sich erstreiten müßte. Er kennt nur eine einzige Aufgabe: die zu gefallen. Jedoch verliert er sich selbst dabei und es verunsichert ihn zunehmend, daß er in der Welt, in der alles seinen Platz und seine Bestimmung zu haben scheint, die eigene nicht erkennen kann.
Durch Vorlesen und schließlich eigenständiges Lesen von Büchern findet er gefallen daran, sich aus der Alltagswelt reißen zu lassen. Die Welt in den Büchern scheint ihm einen größeren Wirklichkeitsgehalt zu besitzen: „dort war sie assimiliert, klassifiziert, etikettiert, durchdacht“. Außerhalb der Literatur lebt Sartre zunehmend im Unbehagen: „im gleichen Augenblick, da ihre Zeremonien mich erkennen ließen, daß nichts ohne Grund existiert und daß jeder…seinen festen Platz im Universum besitzt, verflüchtigte sich meine eigene Daseinsberechtigung“ (S.50). Er nimmt sich als überflüssig wahr, und hat das Bedürfnis zu fehlen. Gleichzeitig regt sich in ihm Widerstand gegen das vom Großvater vermittelte Bild der perfekten Welt und im Unglück einer Hauslehrerin erkennt er dessen erschreckende Seite: „Mademoiselle Marie-Louise demoralisierte mich … als ich von ihren Klagen erzählte, lachte mein Großvater: sie war viel zu häßlich um geheiratet zu werden. Ich lachte nicht: man konnte also von Geburt her verurteilt sein? … dann versteckte sich eine unerträgliche Unordnung hinter der Weltordnung.“ Sartre hatte den Idealismus von den Erwachsenen übernommen, er hatte gelernt sich mit ihren Augen zu sehen und begann nun sich von ihm abzuwenden. Er empfindet seine eigenen Handlungen und die seiner Familie als unaufrichtig und unwirklich: als ein Konglomerat von Heuchelei, Attitüden und Substanzlosigkeit, dem er nicht entrinnen kann. Er sehnt sich nach einer Begründung seines Daseins, kann diese aber nicht wie ein Eigentümer oder Erbe in den Gütern dieser Welt erkennen. Schließlich entdeckt er das Schreiben als Aneignungsbeziehung und Ausweg aus seiner Krise: „…das Universum breitete sich zu meinen Füßen, und jedes Ding begehrte demütig einen Namen. Ihm den Namen zu geben bedeutete gleichzeitig Schöpfung und Besitznahme.“ Zunächst schreibt Sartre vor allem um seine Phantasien zu verwirklichen und in sie einzutauchen. Als seine Tätigkeit entdeckt wird, bekundet seine Tante, daß er sicherlich später Schriftsteller werden wird. Bald sieht Sartre dies als Berufung an: Er setzt den Schriftsteller mit dem Helden gleich, beide werden dringend benötigt. Doch auch wenn er in Stunden der Trostlosigkeit immer wieder das Bild der Vorherbestimmung bemüht, findet er nur in der Erkenntnis seiner Freiheit einen Weg aus der Unaufrichtigkeit in der er sich selbst verloren hatte. „Im Augenblick, da ich der Natur entrann um nunmehr ich zu werden … erkannte ich mein Geschick: es war nur meine Freiheit, die sich vor mir dank meiner Bemühungen wie eine fremde Gewalt aufgerichtet hatte.“ Zunächst ist Sartres Ideal allerdings eine Flucht ins posthume. Er möchte sich in ein literarisches Werk verwandeln, „in einen reinen Gegenstand“ und das Leben erscheint ihm nur als ein notwendiger Umweg. Erst im Spiel mit seinen Schulkameraden erlebt Sartre dann „blitzartige Intuitionen“, die ihm seine Notwendigkeit enthüllen: „Ich war unentbehrlich … wem hätte Meyre den Ball zuspielen sollen, wenn ich nicht da war, ich“. Das Spiel befreit ihn: „denn was ist ein Spiel anderes als eine Tätigkeit, deren erster Ursprung der Mensch ist ?“ Bald ist es seine Bestrebung in allen Dingen nur noch von sich selbst abzuhängen. Er erkennt, daß das schreiben ihn nicht rechtfertigen wird jedoch ist kulturelle Tätigkeit „ein Erzeugnis des Menschen, worin er sich projiziert und wiedererkennt; allein dieser kritische Spiegel gibt ihm sein eigenes Bild.“ 

Der gute Mensch ist ein Idiot

Seit seiner Kindheit leidet der Fürst Lew Nikolajewitsch Myschkin unter Epilepsie. Bis zu seiner Behandlung in einem Schweizer Sanatorium hatte ihn diese Erkrankung so stark eingeschränkt, daß er nach eigenem Bekunden beinahe ein Idiot gewesen war. Zu Beginn des Romans kehrt Fürst Myschkin aus seinem Schweizer Sanatorium zurück. Er fährt mit der Eisenbahn nach St. Petersburg, und obgleich er unzureichend gekleidet und mit keinerlei Geld ausgestattet ist schaut er den Menschen und den Umständen die ihm begegnen vertrauensvoll entgegen. Diese offene und Teilnahmsvolle Persönlichkeit des Fürsten läßt ihn den meisten Menschen weiterhin als einen Idioten erscheinen. Myschkin besitzt jedoch eine beinahe hellseherische Gabe im Einschätzen von Menschen und Beziehungsgeflechten und gewinnt dadurch die Achtung der anderen. Schon am Tag seiner Anreise trifft der Fürst auf zwei Frauen von denen sein weiteres Leben geprägt sein wird. Die eine Frau ist Nastassja Filippowna Baraschkowa. Die junge Frau wurde als junges verwaistes Mädchen zunächst auf Kosten des Finanzmagnaten Afanassi Iwanowisch Tozki erzogen. Als dieser ihre ungewöhnliche Schönheit bemerkt, macht er das Mädchen auf einem abgelegenen Landgut zu seiner Mätresse. Die unschuldige ‚Gefallene Frau‘ leidet an diesem Schicksal so sehr, daß sie sich ständig auf selbstzerstörerische Weise quält:
„Diese unglückliche Frau ist zutiefst überzeugt, daß sie das lasterhafteste Wesen auf der Welt ist. (…) Zwar ruft sie alle Augenblicke fast ekstatisch, daß sie keine Schuld an sich erkenne, sondern ein Opfer der Verhältnisse, eines Wüstlings und Übeltäters sei, doch was sie Ihnen auch immer sagt, Sie müssen wissen, daß sie als erste sich nicht glaubt und mit allen Fasern ihres Gewissens vom Gegenteil überzeugt ist, das heißt sich selbst für schuldig hält.“
Fürst Myschkin hat unendliches Mitleid mit Nastassja: um ihr zu helfen will er ihr seine gesamte Zukunft widmen ‚ doch er scheitert:
„Als ich versuchte, diese Finsternis zu erhellen, verursachte ich ihr damit solche Qualen, daß mir jedesmal das Herz weh tut, wenn ich an diese schreckliche Zeit zurückdenke. Es war wie ein Stich in die Brust, dessen Schmerzen nie vergehen.“ (S.595)
Die andere Frau ist die ebenfalls wunderschöne Aglaja Jepantschina, eine der drei Töchter der Generalin Jelisaweta Prokofjewna Jepantschina. Sie erscheint dem Fürsten wie ein ’neues Morgenrot‘ und er verliebt sich in sie. Aglaja, von Ihrer Familie wie ein Flaschengeist abgeschirmt und in besten Absichten unterdrückt, beginnt ebenfalls sich in den Fürsten zu verlieben:
„Ich halte Sie für einen höchst ehrlichen und wahrheitsliebenden Menschen, ehrlicher und wahrheitsliebender als alle anderen, und wenn man von Ihnen sagt, es sei mit Ihrem Verstand… ich meine, Ihr Verstand sei manchmal krank, dann ist das ungerecht, davon bin ich überzeugt (…) denn wenn Ihre Krankheit auch tatsächlich ihren Verstand beeinträchtigt (…)so ist die wichtigere Vernunft bei Ihnen doch besser in Ordnung als bei all den anderen, die davon nicht mal träumen können, denn die Vernunft hat zwei Seiten, eine wichtigere und eine unwichtige“. (S.588)
Mit dem Fürsten Myschkin hat Dostojewskij die literarische Figur des vollkommen schönen, unschuldigen und moralisch guten Menschen geschaffen. Selbst dieser Mensch vermag es jedoch nicht, sich selbst oder einen der verzweifelten, unterdrückten, beschädigten Menschen um sich herum zu erretten. Der Roman ist schon allein aufgrund der unglaublich stimmigen und präzisen psychologischen Zeichnung seiner Charaktere in höchstem Maße lesenswert! 

Gut ist das Gegenteil von Gutgemeint

Alfred Irgang ist ein interessanter, liebenswürdiger und hilfsbereiter Mensch. Er betrachtet die Dinge mit einem demokratischen Blick, der ihnen allen Wert zuerkennt. Wiewohl er einst, als Student der Geschichte, eine Doktorarbeit über mittelalterliche Ministeralien zu schreiben gedachte, konnte er nicht umhin kommen auch solche Dokumente aufzubewahren, die weder im engeren noch im weiteren Sinne mit seinen eigenen Forschungen zusammenhingen: „Er hätte eine Anlage zu einem Wissenschaftler gehabt, wenn er nicht beim Sammeln stehengeblieben wäre.“ Stets sieht er in den Dingen ihr Potential Wissen zu vermitteln, sich selbst oder andere zu erfreuen. Seine Sammelleidenschaft macht beim archivieren von Zeitungen und Journalen oder skurrilen Prothesen keineswegs halt. Auch Joghurtbecher bewahrt er liebevoll, inklusive des Verzehrdatums. Jeden Freitag besucht Alfred den Stammtisch des Philosophie Professors Gregor Voss, den er noch aus seinen Studienzeiten kennt. Der illustre Kreis, außerdem bestehend aus der Schriftstellerin Dora Stein, dem Anglisten Otto Unlauter, der Studentin Brigitte Schneider, der Sozialpädagogin Uta Aufbau und der Künstlerin und Therapeutin Kyra Wiesel, ist sein einziger zwischenmenschlicher Bezugspunkt. Stets bemüht er sich seinen Freunden etwas für sie hilfreiches aufzusammeln und mitzubringen. Diese wollen ihn jedoch unter der Führung von Uta Aufbau von seinem Sammeln abbringen und verweigern in pädagogischer Manier die Annahme. Die Schriftstellerin beginnt indessen sich für den literarischen Gehalt von Alfred Irgangs Leben zu interessieren, während die Künstlerin mit Alfreds Sammlung einen Galeristen beeindrucken will. Immer deutlicher offenbart sich, daß die am Stammtisch versammelten gebildeten Gutmenschen die Andersartigkeit des Sammlers nicht ertragen. Sie erheben sich über ihn und machen ihn zum Objekt ihrer Zwecke. Sie glauben zu wissen, was gut für ihn sei, und das sein großes Erbe ihm nur schade: „nur das Geld ermöglicht es ihm, sich gegen die Gemeinschaft zu stellen“. Sie verlangen von Alfred, daß er ein ihren eigenen Maßstäben entsprechender normaler Mensch werden solle, sie wollen ihn „austrocknen“ und „einen Leidensdruck erzeugen“. Alfred trifft inzwischen auf einem seiner nächtlichen Streifzüge die stumme Matroschka. Sie folgt ihm fortan überall hin, und nachdem er seine Angst vor ihr überwunden hat entdeckt er mit der neuen Gefährtin, die ihn akzeptiert wie er ist, das Lachen wieder. Alfred sieht mit Wohlgefallen, wie seine Dinge ihm stapelweise entgegenwachsen. Und nun kann er seine Freude, seine Kunst, mit jemandem teilen: „Teilweise fühlte er sich den Konzeptkünstlern nahe, Hanne Darboven oder Christian Boltanski …Auch diese Künstler … wollten etwas bewahren, wollten die Zeit anhalten, wollten sich ihrer Geschichte vergewissern.“ Alfred ist so glücklich in seinem Leben wie schon lange nicht mehr, doch in Bezug auf Uta Aufbau hat er düstere Vorahnungen: „Diese Frau mit ihrer sozialen Energie würde ihn noch vernichten.“
‚Der Sammler‘ überzeugt durch die gelungene Darstellung des Alfred Irgang. Dessen Leidenschaft Jenseits der Norm hindert nicht seine sympathische Menschlichkeit und wird nachvollziehbar. Die Gutmenschen zeigen hingegen in Hochmut und Eigeninteresse ihre Unmenschlichkeit.