Archiv für den Monat: November 2013

Die Aufgabe zu Leben – Gedichte von Gioconda Belli

die-aufgabe-leben_img089_1204x1701Illustration zu dem Gedicht „Die Aufgabe zu leben“  „Oficio de vivir“

Die Gedichte von Gioconda Belli sind ein Schatz. Sie bewegen sich zwischen Sachlichkeit und überbordender Phantasie. Sie bringen Erkenntnis, Lachen und Nachdenklichkeit.

Im Peter Hammer Verlag ist nun die Gedichtsammlung „Davor, die Jugend“ in einer schönen zweisprachigen Ausgabe erschienen.

Gioconda Belli befasst sich mit Jugend und Alter, den ausfliegenden Kindern, mit Liebe Schmerz, Landschaft, Zeit und Gesellschaft. Immer wieder erfrischen Ihre Gedichte durch die Verbindung eines kritischen Blicks mit Heiterkeit und unsentimentaler Wärme. Etwa wenn Sie in ihrem Gedicht „Die Eheleute“  die Ehe als einen Kriegsschauplatz beschreibt, in dem die Liebe mal die Waffe, mal das Ziel zwischen all den Alltäglichkeiten ist. Letztlich versteht die Liebe es, sich „aus lädierten Steinen“(S.13) eine Burg zu erbauen und sie zu verteidigen. In dem Gedicht „Die Aufgabe zu Leben“ beschreibt Gioconda Belli die schöne und schwierige Aufgabe zu sein, zwischen Aufgaben des Alltags, den Gedanken an nicht oder noch nicht gelebtes und erlittenen Verwundungen.

Gioconda Belli schreibt auch über aktuelle politischen Verwerfungen und stellt gesellschaftliche Trends in Frage. In dem Gedicht „Invalide Fröhlichkeit“ beschreibt sie die Behinderung der Fröhlichkeit durch „Die Verpflichtung zum Glück“ (S.55), die daran hindert den Augenblick zu genießen. Das Gedicht „Der Selbstmörder“ imaginiert eine Blick in die Gedanken eines Attentäters, der versucht sein Leben und den Augenblick auszublenden um den Sprung ins Jenseits zu wagen.

In „Pflanzenzeit“ beschreibt Gioconda Belli ihre schöpferische Kraft, die genährt wird und sich nährt, die sich verflicht, blüht und Früchte trägt.

Einige der schönsten Blüten die dabei entstehen sind die Gedichte von Gioconda Belli. Traut euch, es lohnt sich wirklich!

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Illustration zu dem Gedicht „Pflanzenzeit“  „Tiempo vegetal“

Ich empfehle den Band „Davor die Jugend“  mit fünf Sternen und fünf Pfoten. Außerdem empfehle ich auch Gioconda Bellis wunderschönes Kinderbuch „Die Werkstatt der Schmetterlinge“.

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Ein tolles Buch über ein beeindruckendes Unternehmen: @mannomama

Auf der Frankfurter Buchmesse kam ich zufällig bei einem Interview mit Sina Trinkwalder vorbei. Sofort interessierte mich das, was diese Unternehmerin machte, auch wenn ich noch nicht genau wusste was das war.  Sie sprach von Themen, die auch mich immer wieder beschäftigen.

Hier sagte eine Unternehmerin Sätze, wie man sie sonst nur von Menschen hört, die in Philosophie-Seminaren sitzen und noch nicht den Denkverboten aller rationalen Realos anheim gefallen sind. Mit anderen Worten von Menschen, die im allgemeinen als naiv bezeichnet werden, und denen jeder Experte sofort detailliert erklären kann, warum alle ihre Vorstellungen und Ideen Wunschvorstellungen und Luftschlösser seien, die nun mal leider in der Realität nicht umzusetzen sind.

Eine Unternehmerin sprach also von regionaler Produktion in Deutschland, einer Produktion, in der in unbefristeten Arbeitsverträgen gerechte Löhne gezahlt  und qualitative Produkte zu angemessenen Preisen hergestellt würden.

Das alles sollte plötzlich möglich sein. Und das am Wirtschaftsstandort Deutschland, dem Land der Teilzeit, der unbezahlten Praktika (bitte nur Bewerber die bereits Berufserfahrung haben) und der Freelancer.

Dieses Buch zu lesen ist ein Glück! Es erzählt von einem wirklich tollen Unternehmen, das hoffentlich Vorbild für viele andere Unternehmer ist. Dieses  Unternehmen macht Mut. Hier wird etwas hergestellt. Auf Augenhöhe – mit den Mitarbeitern, mit Lieferanten, mit Kunden und unserer Umwelt.

Das Buch ist unterhaltsam und spannend. Außerdem erfährt der Leser viel wichtiges über echte Bioproduktion und die Tücken von Siegeln und Nachhaltigkeitsversprechen.

Am Anfang standen Ideen. Die Idee eines Berufslebens, das Sinn macht, einer Arbeit die etwas verbessert. Die Idee eines Unternehmens, dass Menschen die Chance gibt sich einzubringen, die trotz ihrer wertvollen Talente durch das Raster unserer Gesellschaft fallen und ausgeschlossen werden.

Und Sina Trinkwalder hat zusammen mit ihrem Mann und ihren Mitarbeitern diese Ideen tatkräftig und mit beeindruckendem Willen und Engagement umgesetzt. Gegen alle Widerstände von Politikern, Banken und „Grünstreichern“.

Bei mannomama werden hochwertige Kleidungsstücke hergestellt und die bekannten Taschen von DM, die wohl schönsten Bio-Einkaufstaschen, die noch dazu aus wunderschönen Stoffen und  – wie ich nun weiß – mit viel handwerklichem Engagement gerfertigt werden.

Ich empfehle das Buch und den Einkauf bei dem tollen Unternehmen mannomama mit fünf Pfoten!

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Sie.Selbst.Nackt.

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Im Hatje Cantz Verlag ist ein spannender Kunstband erschienen, der eine gravierende Lücke schließt.

Obschon Künstlerinnen aus aller Welt  sich im Laufe der Zeit immer besser mit ihren Werken durchsetzen und etablieren konnten ist die Kunst- und Ausstellungs- Welt noch immer männlich dominiert.

Die berühmte Frage der „Gorilla Girls“ ob Frauen nackt sein müssen um in ein Museum zu kommen (also als Akt) stellt sich noch immer. Und auch weil ihre Bilder seltener ausgestellt werden fällt es auch fleißigen Museumsbesuchern oft schwer, mehr als drei oder vier Künstlerinnen aufzulisten.

Wie viel auf diese Weise dem Betrachter entgehen kann sieht er im nun vorliegenden Katalog Sie. Selbst. Nackt. Paula Modersohn-Becker und andere Künstlerinnen im Selbstakt 

Viele Geschichten sind in der Kunst noch nicht erzählt, und viel gibt es bei den Künstlerinnen zu entdecken. Denn sie beleuchten den Status Quo kritisch und aus neuen Blickwinkeln.

Nun werden faszinierende Künstlerinnen ab 1900 bis zur Gegenwart vorgestellt die sich Selbst nackt malten.

Erzählt wird außerdem die Geschichte der weiblich-künstlerischen Emanzipation, die mit der Darstellung nackter Frauen eng verbunden ist. 

Akademien schlossen Frauen als Studentinnen lange Zeit aus.  Das Bild der nackten Frau war somit männlich dominiert. Frauen wurden zumeist als Objekte, Akte ohne Gesicht dargestellt. Auch menschen verachtende Praktiken wie Sklavenmärkte oder Menschenhandel wurden für Maler zum unkritischen erotischen Sujet.

Künstlerinnen haben dagegen Sich selbst  nackt dargestellt und somit ihre Persönlichkeit mit ihren Gefühlen und Wünschen nicht ausgeblendet. Wie auch die Selbstakte männlicher Künstler haben diese Darstellungen weit mehr Tiefe als die bloß objektivierende eines gesichtslosen Aktes.

Das Buch überzeugt mit 157 hochwertigen Abbildungen und sehr informativen gut recherchierten  Texten. 

Und es macht Lust auf die Ausstellung, die seit dem 20.10.2013, und noch bis zum 2.2.2014 im Paula Modersohn-Becker Museum gezeigt wird: Sie. Selbst. Nackt. Paula Modersohn-Becker und andere Künstlerinnen im Selbstakt

Eine fünfpfotige Leseempfehlung und fünf Sterne für das hervorragende Werk das den Zugang zu vielen Künstlerinnen eröffnet die man vielleicht vorher noch nicht kannte.

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Im Musée d‘ Orsay wird übrigens zur Zeit (24 September 2013 bis 2 Januar 2014) eine Ausstellung zur männlichen Nacktheit in der Kunstgeschichte gezeigt. Kritische Stimmen bemängeln, dass hier die Nacktheit als Aufhänger zum  Verkauf fungiert. Ich muss sagen, dass ich den Perspektiv-wechsel so erfrischend finde, dass er erhöhte Aufmerksamkeit verdient. Zugleich wird bewusst, dass der Vermarktung des Nackten nie ganz zu entgehen ist.

 

Brüder – trotz aller Unterschiede

Im Gerstenberg Verlag ist ein schönes Bilderbuch erschienen. Der Autor und Illustrator Alexis Deacon erzählt mit wenigen Worten und sprechenden Bildern.
Vogel und Krokodil“ ist ein vielschichtiges Bilderbuch, das Kindern und Erwachsenen immer wieder Spaß macht.
Zwei Eier liegen nebeneinander am Strand. Aus einem schlüpft ein Vogel, aus dem anderen ein Krokodil. Die beiden betrachten sich als Brüder und wachsen gemeinsam auf.
Eines Tages entdecken Sie wie unterschiedlich sie sind. Und wie wenig das ausmacht.
Alexis Deacon kreirt aus einer Verbindung von genauer Beobachtung und Phantasie überzeugende  Bilder und eine Geschichte die ebenso lustig wie herzerwärmend ist.   Eine fünfpfotige Leseempfehlung für dieses besondere Bilderbuch!