Begeht jemand Selbstmord, ist plötzlich alles abgeschnitten. Jede Möglichkeit Kontakt aufzunehmen, noch etwas zu sagen oder zu fragen.
Anna sitzt zu Beginn des Romans „Wenn die Nacht am stillsten ist“ am Bett ihres Geliebten, der sich am morgen von ihr getrennt hatte. Er hat Schlaftabletten genommen, vermutlich um sich umzubringen.
Doch Anna ruft keinen Notarzt. Sie sitzt einfach neben Ludwig. Sitzt an seinem Bett und redet mit ihm über all das wichtige, dass sie ihm nicht gesagt hatte. Und sie stellt ihm ihre Fragen. Antworten kann Ludwig nicht, ob er sie hört ist fraglich, aber er lebt. Noch ist er nicht Abgeschnitten von der Welt, unerreichbar, tot. Vielleicht ist er in diesem Zustand sogar erreichbarer für Anna, als er es in der gesamten Beziehung war.
Ludwig ist einer von Annas Kollegen bei einer Zeitung. Alle hier sind cool, achten auf ihr Styling. Sie hängen nicht wie Anna an Erinnerungsstücken sondern kaufen sie Vintage . Anna passt nicht in diese Welt, doch sie passt sich an. Besonders als sie sich in Ludwig verliebt, der falsche Formulierungen, „Opfergeschichten“ und Schlechtes Styling nicht ertragen kann. Ludwig schreibt hochkomplexe Texte, in der zwischenmenschlichkeit will er jedoch oberflächlich bleiben. Ludwigs Texte suchen eine Wahrhaftigkeit und Stimmigkeit jenseits der Realität. Wichtig, dass sind die richtigen Worte die stimmige Situation, der ausgenutzte Augenblick, die Perfektion.
Anna bemüht sich dem Code Ludwigs gerecht zu werden, so sehr dass sie sich zurücknimmt bis man sie kaum wiedererkennt.
„Wenn die Nacht am stillsten ist“ ist ein beeindruckendes Buch über Selbstmord, ob nun den physischen, den psychischen oder den in einer Beziehung.
Eine Leseempfehlung und vier Pfoten von bookslioness!!!