Archiv für den Monat: Februar 2014

The Bone Season

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Eine junge Frau lebt in einem London, das zum Überwachungsstaat geworden ist. Scion-London ist einer der Staaten, die sich dem neuen System der Scion-Zitadelle verschrieben haben. Dieses System verspricht Staaten durch Überwachung Seher aus der Bevölkerung zu entfernen und so Verbrechen zu eliminieren.

Seher, das sind Menschen die auf gewisse Weise den Æther wahrnehmen können. Der Æther ist bevölkert von Geistern und Schutzengeln. Außerdem können Seher bewusst Ihre Traumlandschaft betreten, den Ort wo die  Erinnerungen der Menschen verwahrt werden.

In der Scion-Zitadelle werden Seher also als Staatsfeinde betrachtet, daher haben sie nur die Möglichkeit sich unauffällig zu verhalten und zwischen den Amaurotikern, der nicht sehenden Bevölkerung, unterzutauchen. Oder ihre Fähigkeiten zu nutzen und Kriminelle zu werden.

Paige Mahoney, ist eine Traumwandlerin. Sie kann nicht nur ihre eigene Traumlandschaft besuchen, sondern auch darüber hinausgehen. Sie kann dann die Traumlandschaften anderer wahrnehmen und sogar beeinflussen.

Sie arbeitet für Jaxon Hall den Chef eines Syndikates, das sich auf sogenannte Denkdelikte spezialisiert hat – Verbrechen mit seherischen Fähigkeiten.

Doch eines Tages wird Paige verhaftet  und findet sich in Oxford wieder, einer Strafkolonie für Seher. 

Sie erfährt von der Existenz der Rephaim, einer ausserirdischen Rasse, die auf grausame Weise vom System Scion profitiert.

The Bone Season – Die Träumerin“ von Samantha Shannon ist eine spannende Fantasy-Dystopie. Die Heldin ist sympatisch, die Geschichte ist spannend, sehr phantasievoll und anspruchsvoll.

Das einzige was mich an dem Buch wirklich gestört hat, ist die Dramaturgie zweier Liebesgeschichten um die Heldin.  Hier weiß der Leser schon lange vor der sonst klugen Hauptfigur bescheid. Zum Glück löst sich der Knoten schon im ersten Band und sieben Bände sind geplant.

Ich bin gespannt wie es weiter geht und empfehle das Buch allen die Fantasy mögen mit vier Sternen und drei Pfoten! Da die Autorin jung und begabt ist bin ich mir ziemlich sicher, dass mit dem nächsten Band eine vierte Pfote fällig wird.

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Unsichtbar und trotzdem da

Drei Kinder lernen sich in Berlin kennen. Sie gehen zusammen ins Museum und machen eine unheimliche Entdeckung. Unsichtbar und trotzdem da – Diebe in der Nacht ist der Auftakt zu einer Detektivreihe, geschrieben von Boris Pfeiffer.

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Jenny, Addi und Ağan sind sympathische Figuren. Das Kennenlernen der Kinder, und auch die Herleitung ihres unheimlichen Falles sind glaubhaft und spannend erzählt.

Das Motto „Unsichtbar und trotzdem da“ stellt eine bedeutende Stärke von Kinderdetektiven in den Vordergrund: Kinder werden oft übersehen oder nicht ernstgenommen.

Jenny ist sportlich, gewitzt und kennt sich mit Verkleidungen aus. Addi hat reiche Eltern und einen Affen – ist aber dennoch ganz in Ordnung. Und Ağan ist phantasievoll und ein wenig altklug – und er hat eine Schwester bei der Polizei.

Dem Auftakt der Reihe gebe ich eine vierpfotige Leseempfehlung! Sie ist für Mädchen und Jungen geeignet. Ich bin gespannt wie es weiter geht!

4 pfoten

Wind der Veränderung

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In Ihrem Buch „Wünsche“ beschreibt Judith Kuckart eine Frau die ausbricht. Sie bricht aus aus der Kleinstadt in der sie aufgewachsen ist, aus dem Freundeskreis, aus der Ehe mit einem Mann, der früher einmal ihr Vater war.

Jeder kennt wohl das Gefühl etwas im Leben verpasst zu haben. Nachgesagt wird ein Versäumnis oftmals jenen, die in ihrer ersten Beziehung geblieben oder aus ihrem Heimatort nie weggekommen sind.

Was wäre also von Vera, der Protagonisten des Buches zu sagen? Sie, die als Kind mittelloser Eltern von Karatsch und seiner Frau aufgenommen wird. Ihre Tochter wird, doch ohne Adoption, als ein Pflegekind. Die dann, als die Frau von Karatsch stirbt seine Frau wird, ohne dass das Umfeld sich daran stört. Vera hat nicht nur vieles verpasst, es wurden ihr auch viele Möglichkeiten genommen. Aber jetzt bricht sie aus, reist eines Tages einfach nach London mit dem Pass einer Anderen in ein neues Leben.

Judith Kuckart schreibt aus der Perspektive der sechs wichtigsten Figuren. Neben Vera  sind dies fünf ihr nahe stehende Menschen. Das Buch ist spannend geschrieben, zugleich nachdenklich und humorvoll. Der Lebensschmerz ist hier keine (Midlife-)Krise. Er ist eher wie ein Wind, der mal Zweifel aufrüttelt, mal den kalten Gegenwind der Welt bringt und mal im Rücken von Veränderungen heranweht.

Die Unaufgeregtheit des Buches, auch in skurrilen Momenten ist angenehm.

Die Beiläufigkeit mit der manches ernste Thema in der Erzählung untergeht  hat mich jedoch enttäuscht. Ebenso manch eine Schlussfolgerung des Buches. Ich vergebe eine dreipfotige Leseempfehlung.

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Am Meer

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Das Meer, weit, kühl, rauschend, schäumend, tragend, verschlingend und bergend. Ein Ort der Sehnsucht, voller Geheimnisse, voller Leben und voll von Gefahren.

Der Roman „Flut“ von Daniel Galera beschreibt das Leben eines jungen Mannes. Er ist ein excellenter Schwimmer doch seine Leidenschaft gilt nicht dem Sport, sie gilt dem Schwimmen. Vor allem dem schwimmen im Meer.

Er zieht nach Garopaba, einem kleinen Ort in Santa Catarina, Brasilien. Er verlässt sein bisheriges Leben um herauszufinden was einst mit seinem Großvater in diesem Ort geschah. Angeblich wurde er ermordet, doch die Leiche wurde nie gefunden. Der Großvater verschwand am Meer.

Gleichzeitig sucht der „Schwimmer“ nach seinem Leben. Sein Vater hat Suizid begangen, mit seinem Bruder ist er zerstritten, seine Frau hat ihn verlassen.

Obgleich er in Garopaba bei seinen Nachforschungen auf eine Mauer des Schweigens trifft, begegnet er allen Menschen hilfsbereit. Nicht nur, weil er sich keine Gesichter merken kann. Sondern auch, weil er niemanden hassen kann.

Die Hündin seines Vaters, Beta, ist ein Anker der Verantwortung in seinem Leben.  Die Leidenschaft mit der er diese Verantwortung wahrnimmt gleicht der, mit der er dem Meer zugetan ist.  In Beta spiegelt sich seine Unfähigkeit zum Groll. Er und der Hund sind die dostojewskijschen Idioten des einundzwanzigsten Jahrhunderts. Die Guten Wesen.

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Daniel Galera führt den Leser in seinem Buch in eine Welt voll skurriler, liebenswerter Charaktere.  Einer davon ist das Meer. Es fordert Fähigkeiten heraus, trägt den schwachen Körper, beherbergt lebendigen Reichtum, wird zum Fluchtpunkt. Oder es wirft sich an Land, bricht große Wellen, wird bedrohlich und enthüllt in der Flut Geheimnisse.

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Es ist ein Buch, das man nicht weglegen mag und das sowohl nachdenklich macht, als auch träumen lässt.

Eine dringende Leseempfehlung mit fünf Pfoten.

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Welt in Farbe

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Mongolei, Ulaanbaatar. Der Finanzminister des unabhaengigen Staats Mongolei auf dem Marktplatz, Stéphane Passet, 22. Juli 1913
Musée Albert-Kahn, Frankreich

Schwarzweißfotografie, so sagt man, hat eine besondere Authentizität. Sie gebe die Farben der Welt nicht verfälscht wieder. Ihre Grauabstufungen ermöglichten eine bessere Darstellung des Wesentlichen.

Schwarzweißfotos aus früheren Zeiten jedoch haben einen Mangel. Sie entrücken das Dargestellte. Die Gesichter scheinen uns wie  griechische Mamorfiguren. Die Kleidung  wie die von alten Puppen. Die Fotos sind aus ihrer Zeit, aus ihrem Kontext, in unsere gefallen. Und während ein Zeitgenosse die grauen Schattierungen gleich dem gewohnten Gegenstand hätte zuordnen können gelingt uns das nicht.

Welche Textur eine zusammengeflickte Lumpenhose oder die Herrenstrümpfe des viktorianischen Zeitalters hatten, das können wir nicht ermessen. Und auch in viele Posen und Gesten anderer Zeiten können wir uns nicht hineinversetzen.

Aus all diesen Gründen ist das Buch „Welt in Farbe – Fotografie vor dem Krieg„, erschienen bei Hatje Cantz, eine Entdeckung.

In diesen Fotografien rücken die Menschen plötzlich über die Jahrhunderte hinweg an uns heran. Eine Wiese ist eine Wiese, ein Stoff ein Stoff und ein Gesicht ein Gesicht.

Ganz unmittelbar wird uns die Alltäglichkeit dieser anderen Zeit bewusst. Man atmete keine marmorne Luft und trug keine Puppenkleider.

Diese Fotografien sind ein Schatz der Kulturen. Sie zeigen Menschen aus aller Welt , Fischer, Bauern, Kinder, Mönche, Herrscher einer längst Vergangenen Epoche. Doch ihre traditionelle Kleidung, ihr Handwerk, ihre Umgebung scheint so selbstverständlich wie die des Nachbarn. Die Gesichter so lebendig und vertraut wie die auf Klassenfotos.

Auch heutige Fotografen können von diesen Bildern lernen, die zwar Fremdes zeigen, denen es aber gelingt die Distanz zu diesem Fremden aufzubrechen statt sie zu betonen. Es ist nicht nur die Farbigkeit der Fotos, es ist auch die Intention des Fotografen die entscheidet.

Albert Kahn, ein reicher Banquier förderte Fotografen die und lies „Les Archives de la planète“anlegen um die Völkerverständigung zu fördern.

Ich empfehle das Buch mit fünf Pfoten

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