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Wie die Familie das Leben prägt

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Eltern und Kinder stehen sich meist ihr Leben lang nahe. Welchen Einfluss haben Sie aufeinander? Wie gestalten Sie Ihre Beziehung? Wie sehen Sie sich gegenseitig?

In ihrem Buch „Liebe Lebenslänglich“ beschreibt Ursula von Arx vierzehn Familien, je aus der Perspektive eines Elternteils und eines Kindes.  Ganz unterschiedliche Lebensläufe geben hier Antworten auf die obigen Fragen. Antworten, die diese Fragen nicht auflösen, aber ihnen Tiefe geben.

Eltern und Kinder können nur sie selbst sein, nicht perfekt. Und unsere Welt ist es ohnehin nicht.

Mal unterscheidet die Eltern und die Kinder nicht viel, mal sind es Welten. Mal reden sie aneinander vorbei, mal finden sie sich trotz aller Unterschiede. Und auch eine Familie aus vier Elternteilen wird vorgestellt und berichtet von den gleichen Elternsorgen und Kinderfreuden.

Das Buch beruht auf Interviews. Sie sind zu schön lesbaren Texten zusammengefasst, die immer wieder zwischen den Erzählungen des Elternteils und denen des Kindes wechseln.
Zweimal spricht nur eine Seite, da der Vater beziehungsweise der Sohn nicht mehr lebt. Die Perspektive der Autorin kommt dazu und an einigen wenigen Stellen stören ihre Einordnungen, weitestgehend gelingt jedoch eine ausgeglichene Neutralität.

Sehr beeindruckend ist unter anderem der Bericht über einen Sohn der dem Kreislauf der Gewalt im Elternhaus entkommt, der Bericht über eine kleinwüchsige Tochter und ihrer Mutter die voller Lebensfreude sind und über die Tochter einer Künstlerin, die in der „normalen“ Umgebung abgelehnt wird und schließlich doch ihren Weg findet.

Besonders verdienstvoll ist der Beitrag zu einer Familie, deren Sohn Selbstmord begangen hat. Hier wird die Frage vom Einfluss der Eltern und der Eigenständigkeit des Kindes existentiell. Aufgelöst werden kann sie nicht.
Es bleibt die Erkenntnis, dass Selbstmord nicht tabuisiert werden sollte. Das darüber gesprochen werden muss, auch wenn das Vokabular erst nach und nach gefunden wird.
Manchmal kommen Menschen in eine Situation, in der das Leben selbst für sie so schmerzhaft ist, dass sie es kaum aushalten können. Es ist traurig, wenn sie durch diesen Schmerz sterben weil sie keinen Ausweg  sehen.

Offene Gespräche können vieles relativieren und  viel Kraft geben. Daher sollte unsere Gesellschaft die Traurigkeit nicht an Spezialisten abschieben sondern in ihrer Mitte zulassen.

Es ist schön, dass in diesem Buch die Eltern zu Wort kommen, die ihren Sohn auf diese Weise verloren haben.

Ein lesenswertes Buch, das ich mit viereinhalb Pfoten allen Kindern und Eltern empfehle, die mehr über ihre besondere Beziehung erfahren wollen!

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